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Der 'Hauser Wald' bei Waldbrunn-Hausen im Westerwald

- Quellen, Bäche, Feuchtbiotope -

 

 

 

 

 

 

Ein besonderes Kleinod an der Grenze zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz...

 

Ausgedehnte

Versumpfungsquelle (Helokrene)

 in unmittelbarer Nähe einer geplanten

 Planierungsfläche für eine Windkraftanlage

 

Der Hauser Wald bei Waldbrunn-Hausen im Westerwald  - Quellen, Bäche, Feuchtbiotope  -  Archäologie, Geologie, Natur zw. Hessen und Rheinland-Pfalz

... und ein Vorranggebiet für Windkraft, das niemals eines hätte werden dürfen

 

1) NATUR

Der 'Hauser Wald' ist ein "Quellen-Wald"!

 

Durch den speziellen Verlauf von Wasserscheiden - z.B. jener zwischen Elb- und Lasterbach - ist der 'Hauser Wald' durch eine außergewöhnlich große Anzahl an Quellaustritten gekennzeichnet. Tümpel- und Versumpfungsquellen bilden zusammen mit den zahlreichen Quellgerinnen ein Biotop-Verbundsystem von enormem Wert für den gesamten Naturhaushalt (s. u. Download-Link*) ). Zusammen mit speziellen Datenerhebungen zu Flora und Fauna sind diese Befunde Gegenstand von laufenden wissenschaftlichen Erhebungen, die auf ehrenamtlicher Basis verfasst und nach Fertigstellung auch veröffentlicht werden (s. u.!).

Allein für das hier im Zuge der Kartierarbeiten entdeckte ausgesprochen reiche Vorkommen von Bythinella dunkeri (Dunkers Quellschnecke), die hier zusammen mit weiteren Arten die ausgesprochen hohe Qualität des Quell-Wassers anzeigt, tragen sämtliche umliegende Gemeinden eine hohe Verantwortung. Daneben sind Höhlenflohkrebs und Alpen-Strudelwurm sowie zahlreiche weitere an diese Biotope gebundene Arten nachgewiesen  (s. u. Film- u. Foto-Dokumentation**) sowie Beispiel-Biotope***)  )

 

Steinfliegen-Nymphe, Quellerbsenmuscheln (Pisidium personatum) und Dunkers Quellschnecke (Bythinella dunkeri)

aus einem Quellgerinne unmittelbar an der geplanten Planierfläche für eine Windkraftanlage (WKA)

(mikroskop. Aufnahme: H. Rittweger 02/2017)

 

 

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"Für einen Ort, der sich selbst den Namen

Waldbrunn

gegeben hat, sollte der Schutz seiner Quellen und des Waldes eine absolute Verpflichtung sein!" 

( s. zu Waldbrunn ggf. auch die >>> Dorflinde )

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Wer etwas von Hydrogeologie, Geomorphologie, Bodenkunde und Landschaftsökologie versteht, dem ist natürlich sofort klar, dass die hier so außergewöhnlich zahlreichen oberflächlich sichtbaren Quellaustritte am Ende nur winzige Fenster in einen weitaus größeren Grundwasserstrom im Untergrund darstellen. Ihr Einzugsgebiet - mithin die obere Bodenschicht des nahezu gesamten Hauser Waldes - hat deshalb eine außerordentliche Bedeutung für die Filtrierung (bzw. Reinigung) des Niederschlagswassers und damit für die Qualität des Trinkwassers für alle umliegenden Orte! Hier Tiefbauarbeiten mit schwerstem Gerät durchzuführen, hunderte LKWs ein- und ausfahren zu lassen, Fremdmaterial einzubringen und riesige Beton-Fundamente zu gießen, durch deren Verwitterung (Zersetzung) bekanntermaßen bedenkliche Stoffe in die Umgebung und damit in das Grundwasser abgegeben werden (!) - kann eigentlich nur als Ausdruck von völliger Ahnungslosigkeit sowie menschlichen Größenwahns gewertet werden.  Bereits die Baugrundbohrungen im Vorfeld bzw. im Rahmen des Bauantrages stellen ein unkalkulierbares Risiko für mögliche unerwünschte Verunreinigungen tiefer liegender Grundwasserleiter dar! Dass diese hier überhaupt genehmigt wurden, ist aus fachlicher Sicht nicht zu begreifen!

 

Schwarzstorch-Paar mit Nachwuchs im 'Hauser Wald' am 09.06.2018

(Foto: Revier-Förster P. Schönke, Dornburg-Langendernbach)  ****)

 

Die außergewöhnliche naturräumliche Ausstattung spiegelt sich in einer charakteristischen Fauna. Ein Beispiel unter vielen Besonderheiten ist der Schwarzstorch (Ciconia nigra L. 1758), dessen typischer Lebensraum in der ornithologischen Literatur mit "alte, naturnahe Wälder mit Tümpeln, Feuchtwiesen, Mooren, Quellen und Bächen" angegeben wird - eine Umschreibung, die den 'Hauser Wald' ziemlich treffend charakterisiert. Der 'Hauser Wald' ist sowohl Schwarzstorch- als auch Uhu-Brutgebiet

Der eigentliche Wert des 'Hauser Waldes' liegt jedoch im angesprochenen flächenhaften Verbund von zahlreichen Klein- und Kleinst-Feuchtbiotopen, die Lebensraum für eine charakteristische Fauna mit zahlreichen bedrohten Arten bieten. Stellvertretend sei an dieser Stelle deshalb noch der Kleine Eisvogel (Limenitis camilla L.) aufgeführt, der typisch für solch feuchte Wälder ist. Er wird in der aktuellen Roten Liste für Hessen in die Kategorie 2 (= stark gefährdet) eingeordnet.

 

Kleiner Eisvogel (Limenitis camilla L.) auf Brombeer-Blüte am Waldweg zwischen Dornburg-Langendernbach  u. Neunkirchen.

(Foto C. Hrbek (HGON Waldbrunn-Hausen), 08.07.2017)

 

In einer Zeit eines nie dagewesenen Artenschwundes und der möglichen Gefahr tiefgreifender klimatischer Veränderungen (mit zunehmenden Wetteranomalien wie im Dürre- und Hitzejahr 2018) ist der Wert solch eines Waldes nicht in Gold aufzuwiegen! Seine Zerstörung durch Tiefbauarbeiten - ob nun für Windindustrie-Anlagen oder was auch immer - ist ein Verbrechen (!) an der Natur und an nachfolgenden Generationen!

Sollte dieser am Ende allein auf Gewinn-Sucht beruhende Plan wider alle Vernunft zur Umsetzung kommen, wird nicht gezögert, die Zerstörung an dieser Stelle im Detail aufzuzeigen und die dafür Verantwortlichen beim Namen zu nennen.

Dr. H. Rittweger, Dezember 2018, ergänzt März 2021

 

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*) >>> Download: Quellgerinne und Bachoberläufe im Hauser Wald

**) >>> Download: Film- u. Fotodokumentation Biotope Hauser Wald (Beispiele)

***)  >>> Download: Ausgewählte Biotope im Hauser Wald - 1.16. Weiden-Sumpfgebüsch am Ostrand der Großen Sumpfebene

****) Herrn P. Schönke ist zudem das Anlegen von zwei bemerkenswerten Feuchtbiotopen im Hauser Wald zu verdanken, die zu einer besonderen ökologischen Aufwertung führen. Sie werden in den zuvor erwähnten Gutachten als Biotope 1.25. und 1.39.: "Oberer - und Unterer Förster-Schönke-Teich" aufgeführt. In einer Zeit, in der der Nachhaltigkeitsgedanke, welcher doch gerade die Forstwirtschaft seit alters her entscheidend prägt, durch pures neoliberales Profitdenken ersetzt zu werden droht, verdient eine solche Initiative eine besondere Würdigung. Aus diesem Grund hat sich der Verfasser dieser Zeilen entschieden, diesen beispielgebenden Einsatz für die Natur anhand der vorgenommenen Namensgebung hervorzuheben.

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Pressemeldungen und Zusatzinformationen:

 

März 2019:

Auf der Grundlage der im Jahr 2016 begonnenen umfangreichen wissenschaftlichen Erhebungen, an denen der Herausgeber dieser Seite gemeinsam mit KollegInnnen (u. a. von der HGON) arbeitet, haben die beiden Natur- und Umweltschutzverbände Naturschutzinitiative e.V. (NI) und Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. (HGON) beim Regierungspräsidium Gießen einen Antrag auf Ausweisung des Hauser Waldes zwischen Waldbrunn-Hausen und Dornburg-Langendernbach (Westerwald) als Naturschutzgebiet (NSG) gestellt und gleichzeitig die sofortige Sicherstellung beantragt.

>>> zur Pressemitteilung

 

Mai 2020:

>>> Aufgrund der ungeheuren und beständig anwachsenden Fülle an Biotopen und schützenswerten Landschafts-Bestandteilen kristallisiert sich heraus, dass die Ergebnisse nicht, wie ursprünglich geplant, als Gutachten vorgelegt werden können, sondern in Buchform (mit mehreren hundert Seiten) präsentiert werden müssen. Wer mehr über den herausragenden ökologischen Wert des 'Hauser Waldes' erfahren möchte, kann einzelne, reich bebilderte Biotop-Beschreibungen zu einem späteren Zeitpunkt im Internet als PDF-Dateien herunterladen. Die entsprechenden Zugangsdaten und Passwörter können dann per E-Mail beim BLP angefordert werden.

(>>> Impressum)

 

März 2021:

>>> Obwohl dem zuständigen Förster die Sensibilität des Gebietes bekannt war, wurden im Winter 2020-2021 zahlreiche der gesetzlich geschützten (!) Quellbiotope durch den massiven Einsatz von Harvestern in teils extremer Weise zerfahren.

(dazu mehr unter >>> Forst auf dem Holzweg - Harvester zerstören Waldboden und Quellbiotope !! inkl. Pressemeldung der Naturschutzinitiative e. V. (NI))

 

Mai 2021:

"Verdichteter Boden, bedrohtes Quellbiotop" - Nassauische Neue Presse 08.05.2021

>>> Download Presseartikel zum Hauser Wald

 

Juni 2021:

"Über ein Vorranggebiet für Windkraft, das niemals eines hätte werden dürfen" -  Exkursion ‚Hauser Wald‘ und Diskussion mit Vertretern des RP Gießen am 19.05.2021

Ein Rückblick von Dr. Holger Rittweger   >>> Download Exkursionsbericht

 

"Kein Platz mehr für Schwarzstörche?" (Nassauische Neue Presse 10.06.2021) >>>  Download Presseartikel 

dazu: "Naturschutz muss berücksichtigt werden" (Leserbrief Georg Reitz, Nassauische Neue Presse 17.06.2021)   >>>  Download Leserbrief

 

weitere grundlegende Informationen zum Thema, finden Sie hier:

>>> Windkraft im Wald

 

Der Hauser Wald bei Waldbrunn-Hausen im Westerwald  - Quellen, Bäche, Feuchtbiotope  -  Archäologie, Geologie, Natur zw. Hessen und Rheinland-Pfalz

2) GEOLOGIE

(Dieses Kapitel ist derzeit in Arbeit, Fortsetzung folgt ...)

 

Die 'Wildweiberkirche', das Wahrzeichen von Waldbrunn-Hausen - eine mächtige Basaltfels-Gruppe im 'Hauser Wald'

 

Basalt- und Basalttuff

Die ältesten Gesteinsserien des Untersuchungsraumes datieren in das Tertiär. Dabei dominieren auf großer Fläche Vulkanite (i. e. L. Basalt- und Basalttuff); Sedimentgesteine (wie Tone, Kiese, Sande und Braunkohle) sind kleinräumig auf die Randbereiche beschränkt. Für die tertiären Deckschichten ist von Bruchschollen-Tektonik auszugehen, sie überlagern deutlich ältere Gesteinsserien des devonisch-karbonischen Grundgebirges, das im Bereich des Hauser Waldes jedoch an keiner Stelle aufgeschlossen ist. Zum Thema Basalt-Vulkanismus sei an diese Stelle (mit zahlreichen Hinweisen zur lokalen Erdgeschichte) verwiesen:

>>> Basalt im Westerwald

 

MTV (Mesozoisch-Tertiäre Verwitterungsdecken)

An einigen Stellen des Hauser Waldes lässt sich ein stark toniger, meist rötlicher wasserstauender Horizont nachweisen, der als Relikt(-Boden) der tiefgründigen tropisch-subtropischen Verwitterung der Vulkanite im Tertiär zu betrachten ist. Es handelt sich demnach nicht um ein Sediment, sondern um eine sog. „Mesozoisch-tertiäre Verwitterungsdecke (MTV)“. Dieser auch als Rotlehm bezeichnete Reliktboden ist stets an Verebnungsflächen gebunden, so z.B. im Bereich der Wasserscheide in der "Oberen Lattendelle" oder in der "Großen ‚Moosbach‘-Sumpfebene" bzw. „Nassen Struth“ im O von Langendernbach (s. Biotop-Steckbriefe 1.10., 1.17. u. 1.21. im landschaftsökologischen Gutachten [RITTWEGER in Vorb.]).

 

Schwarzwild-Suhle im oberflächennah anstehenden Rotlehm bei K: 50.537083, 8.068611; Biotop 1.17. ‚Roter Eschen-Weiden-Sumpf‘; Blick n. S; („Snapshot“ aus einem Video; HR 19.03.2017).

 

Auch wenn die wasserstauenden Horizonte für die begleitenden Feuchtbiotope eine besondere Rolle spielen und so aus Sicht des Naturschutzes zu begrüßen sind, ist es dennoch gut, dass sie nicht auf größerer Fläche anstehen. Sie sind stets mit rascherem oberflächlichem Wasserabfluss verbunden, was zu einer deutlichen Minderung der Grundwasserneubildung führt. Wären sie im 'Hauser Wald' flächendeckend verbreitet, würde diesem  bei weitem nicht eine solch bedeutende Rolle für die Trinkwasserversorgung der umliegenden Gemeinden zukommen. 

Die mitunter geäußerte Annahme, diese punktuell vorhandenen Stauschichten könnten als Schutz vor einer Verunreinigung tiefer liegender Grundwasserleiter dienen, ist trügerisch. Zahlreiche Beobachtungen an den diese Bereiche durchfließenden Quellgerinnen sowie den randlich austretenden Quellen mahnen zur Vorsicht. Ein Beispiel ist der die ‚Große Sumpfebene' durchfließende 'Moosbach', der durch mehrere ausgeprägte Bachschwinden (s. Biotopsteckbrief 1.42.; RITTWEGER in Vorb.) gekennzeichnet ist: Während er auf der gesamten stauenden Tonschicht (MTV) nicht (bzw. kaum) versickern kann,  „verschwindet“ er an deren Rand hingegen ausgesprochen abrupt im Untergrund. Die umliegenden Aufschlüsse zeigen anschaulich, dass in diesem Bereich Basalte und damit Kluft-Grundwasserleiter anstehen. Ob die ca. 70 Höhenmeter tiefer liegenden Trinkwasser-Brunnen hier ausreichend vor eventuellen Verunreinigungen geschützt sind, muss deshalb dringend geklärt werden. Vor einer eindeutigen Klärung dieser Beobachtungen ist gleichsam in Frage zu stellen, ob die bislang ausgewiesenen Grundwasser-Schutzzonen ausreichen, um Gefahren für die Trinkwasserversorgung hinreichend abzuwehren.

 

Eiszeitliche Schuttdecken und Basaltblock-Ströme

Wie im gesamten Mittelgebirgsraum zu beobachten sind auch im Hauser Wald zahlreiche Hänge mit eiszeitlichen Schuttdecken und Fließerden mit wechselndem Löss-Anteil bedeckt. Hinzu kommen einige imposante Basaltblockhalden, insbesondere am Ostrand unterhalb einer auf größerer Strecke zu verfolgenden Basaltdeckenstufe.

 

Laacher-See-Tephra und jüngere Bildungen

An einigen Stellen des 'Hauser Waldes' ist eine deutlich jüngere vulkanische Bildung zu finden: die sog. Laacher-See-Tephra (= Laacher Bimstuff). Es handelt sich um eine ca. 12.900 Jahre alte Vulkanasche, die auf die phreatomagmatische Explosion des Laacher-See-Vulkans in der Eifel am Ende der letzten Eiszeit zurückzuführen ist. Mit bis zu 2 m Mächtigkeit deckt sie im Hauser Wald eine ehemalige Oberfläche aus der sog. Alleröd-Zeit ab, weshalb ihr als zeitlich genau zu fassender Leithorizont eine besondere Bedeutung zukommt. Das gilt insbesondere für die zahlreich vorhandenen Feuchtböden und -sedimente, weil hier in aller Regel auch organisches Material erhalten geblieben ist. So gibt es im Hauser Wald mehrere Bereiche mit "Verdacht" auf ehemalige Seen und / oder Moore (z. B. östlich v. Langendernbach), denen möglicherweise eine überregional bedeutende Funktion als landschaftsgeschichtliche Archive zukommt! Paläontologische Baubegleitungen wären hier zwingend! Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass sich auf der Laacher-See-Tephra an einigen Stellen eine sog. "Lockerbraunerde" ausgebildet hat - eine seltene und bemerkenswerte Bodenbildung, die im Geopark Westerwald-Lahn-Taunus ein besonderes geotouristisches Potenzial besitzt.

 

Dr. H. Rittweger

 

s. auch:

>>> Erlebniswandern im Westerwald

 

Der Hauser Wald bei Waldbrunn-Hausen im Westerwald  - Quellen, Bäche, Feuchtbiotope  -  Archäologie, Geologie, Natur zw. Hessen und Rheinland-Pfalz

 

3) ARCHÄOLOGIE u. GESCHICHTE

Archäologische Denkmäler, Boden-Funde und schützenswerte Landschaftsbestandteile

Eine Auswahl - zusammengestellt von Dr. Holger Rittweger im Juni 2016
 

Ausschnitt der Topographischen Karte 25 Blatt 5414 Mengerskirchen mit ausgewählten archäologischen Fundstellen und Landschaftsbestandteilen von (prä)historischer Bedeutung (sowie den zwischen 2015 und 2018 geplanten Windkraftanlagen)

(verändert, H. Rittweger 06/2016)

 

1. - 3. Namen wie "Hohler Stein", "Herbertshöhl" oder "Unter der Steinritze", im Volksmund bzw. auf Hauser Platt als "Schtaaritz" (3.) bezeichnet sind ernst zu nehmende Hinweise auf bislang unentdeckte Steinkisten- bzw. Steinkammergräber aus der Jungsteinzeit. Dies beweist z.B. der identische Flurname "Hohler Stein" bei Hadamar-Niederzeuzheim mit dem anschaulich restaurierten Megaltihgrab in nur 5 km Entfernung (Luftlinie; s. dazu auch: SCHADE-LINDIG, S. (2004): Das Steinkammergrab von Niederzeuzheim. Führungsblatt zum rekonstruierten Galeriegrab der Wartberggruppe bei Hadamar-Niederzeuzheim "Hohler Stein", Kreis Limburg-Weilburg. Archäologische Denkmäler in Hessen 160. Wiesbaden http://geopark-wlt.de/den-geopark-entdecken/geotope/337-steinkammergrab-von-niederzeuzheim.html.) Bedauerlicher Weise wurde nahe beim "verdächtigen" Flurnamen "Unter der Steinritze" (s. o. Nr. 3.) auf dem Acker westlich vom Hirschberg vor wenigen Jahren ein solch seltenes und bemerkenswertes Bodendenkmal mit großer Wahrscheinlichkeit aus Unwissenheit zerstört: Die beim Pflügen störenden großen  Basaltplatten wurden herausgerissen und am Rand der K489 aufgeschichtet.

4. Auf einer Abraumhalde am Basalt-Steinbruch bei Elbtal-Elbgrund habe ich im Jahr 2000 Keramik-Scherben vorgeschichtlicher Machart entdeckt (Fundmeldung an das Landesamt f. Denkmalpflege Hessen (LfDH), Abteilung Archäologie, Wiesbaden). Vom damaligen Steinbruch-Betreiber wurde zudem eine menschliche Schädel-Kalotte bislang unklarer Zeitstellung übergeben (gefunden auf dem Förderband...), die in das LfDH, Außenstelle Marburg verbracht wurde. Diese Funde könnten in engem Zusammenhang mit den zuvor erwähnten möglichen jungsteinzeitlichen Spuren stehen! (Daneben sollte an dieser Stelle auch nicht unerwähnt bleiben, dass im Elbgrunder Steinbruch (unmittelbar unter dem Basalt) ein ca. 25 Millionen Jahre alter Ölschiefer erhalten ist, dessen Fossilerhaltung und wissenschaftliche Bedeutung den Vorkommen bei Nistertal-Enspel sowie bei Messel (Darmstadt) vergleichbar ist.

(RITTWEGER, H. (2000): Neue tertiäre Fossillagerstätte im Westerwald entdeckt. - In: Der Westerwald - Zeitschrift für Heimatpflege, Wandern und Naturschutz, 93. Jg., H. 4, 2000: 157. Hrsg. v. Westerwald-Verein, Montabaur. / FELDER, M., RADTKE, G. & KELLER, T. (2011): Ein Schwarzpelit-Vorkommen im Westerwald (Forschungsbohrung Elbtal-Elbgrund, Hessen). – Geol. Jb. Hessen, 137: 85–101, 9 Abb.; Wiesbaden. /  s. dazu auch:  http://www.mobileslandschaftsmuseum.de/spuren/basalt.htm)

5. Auf dem sog. "Paradies", eine Acker- und Wiesenfläche zwischen Lindenberg und "Hohler Stein" habe ich 1997 sicher datierte Keramik-Scherben aus der frühen Eisenzeit (Hallstatt, Stufe C) aus der Zeit um 700 v. Chr. gefunden (Fundmeldung LfDH Wiesbaden). Ob es sich um Siedlungs- oder Gräberreste handelt, lässt sich ohne wissenschaftliche Grabung nicht klären. Weitere vergleichbare Funde im nördlich anschließenden Waldgebiet sind deshalb nicht ausgeschlossen, zumal dort durchaus Spuren zu finden sind, die als Grabhügel, Wohnpodien oder ggf. auch Köhlerplatten gedeutet werden könnten!

6. Bei der sagenumwobenen "Wildweiberkirch", dem Wahrzeichen von Waldbrunn-Hausen, handelt es sich um eine beeindruckende Gruppe massiver Basaltfelsen (s. Abb. unten). Sie ist Teil einer langgestreckten SW - NO verlaufenden Basaltdecken-Stufe. Zahlreiche Untersuchungen an vergleichbaren Lokalitäten in Hessen zeigen, dass an solchen sog. "Wildleute-Orten" immer auch mit besonderen Funden aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit zu rechnen ist (vgl. LÖBER, K. 1964: Wildleute-Orte an der Lahn und im Westerwald. In: Hessische Blätter für Volkskunde. Bd. 55, S. 141–164). Längst überfällig ist, dieses imposante Geotop zu einem Naturdenkmal zu erklären. 

(s. Foto auf:  http://www.mobileslandschaftsmuseum.de/spuren/basalt.htm)

7. Durch den "Lattendel" und "Erbsentriesch" (vgl. Karte u. Luftbild oben) führte einst eine nach W. Görich um das Jahr 720 eingerichtete Karolingische Königstraße, die sog. "Alte Landstraße durch den Forstwald" (GÖRICH, W. 1948: Frühmittelalterliche Straßen und Burgen in Oberhessen. Dissertation, Universität Marburg; vgl. auch RUDERSDORF, W. 1998: Chronik Hausen. Geschichte eines Westerwalddorfes: S. 38). Auf der "Weberschen Karte des Fürstentums Hadamar" von 1713 ist diese "Alte Landstraße ..." noch eingezeichnet. Bislang gibt es dazu keinerlei Untersuchungen vor Ort, gleichwohl ist an solch alten Handelswegen immer mit besonderen Funden zu rechnen. Im Zuge evtl. Bauarbeiten in diesem Bereich ist deshalb gleichermaßen eine archäologische Baubegleitung zu fordern.

8.  Ca. 200 m nördlich des Gipfels vom "Hohlen Stein" (in Hausen mitunter auch "Hasenkopf" genannt) habe ich im Jahr 2002 einen im Laub liegenden, vollkommen gereinigten (!) historischen Grenzstein aus Lahnmarmor gefunden (Koordinaten: R 34 34 734 H 56 00 103). Während im zugespitzten Sockel, der einst in der Erde steckte, sehr schöne Fossilien aus dem Devon-Meer zu erkennen sind, lässt der obere zu einem Rundbogen ausgemeißelte Teil die Inschrift " O  N " für Oranien-Nassau erkennen, was eine Datierung in die Mitte des 18. Jahrhunderts wahrscheinlich macht. Nach Meldung des Fundes beim LfDH Wiesbaden (Dr. Pachali) wurde deutlich, dass dieser hier wohl an sekundärer Stelle (von einem "reuigen Sammler"?) abgelegt wurde. Ob dieser bemerkenswerte Fund hier tatsächlich einst als Grenzstein oder als Meilenstein an der zuvor erwähnten mittelalterlichen Straße (7) diente, lässt sich bislang nicht sagen. Da leider nicht zu rekonstruieren war, wo genau er einst als Markierung diente, war zu entscheiden, was damit passieren sollte. Eine gemeinsam mit dem inzwischen verstorbenen Heimatforscher W. Rudersdorf angestellte Überlegung, ihn ins Heimatmuseum Ellar zu überführen, wurde bislang nicht in die Tat umgesetzt, da dieses bereits einen ähnlichen Stein in seinen Beständen hat (Ergänzend sei an dieser Stelle erwähnt, dass es in Waldbrunn-Ellar einen Garten gibt, in dem sehr zahlreiche historische Grenzsteine aufgestellt wurden, über deren ursprüngliche Position leider keine Daten mehr vorliegen). Daneben sollte erwähnt sein, dass im Rahmen der von Dipl.-Ing. P. Guckelsberger durchgeführten naturkundlichen Kartierungen im Bereich des Hauser Waldes inzwischen weitere vergleichbare historische Grenzsteine im Hauser Wald bekannt geworden und per GPS-Daten eingemessen sind (Letztere werden hier jedoch nicht veröffentlicht, um weitere illegale Ausgrabungen zu verhindern). Vor eventuellen Bau- und / oder Forstarbeiten im Hauser Wald sollte in jedem Fall eine intensive Suche nach weiteren Belegen für eine historische Grenze stehen!

9. Mit diesem (zuvor behandelten) historischen Grenzstein (8) in Zusammenhang stehen könnte z.B. die senkrecht stehende Basaltsäule an der nördlich gelegenen Wegekreuzung (markiert zugleich die Grenze Hessen - Rheinland-Pfalz), die im Volksmund als  "Langer Schtaa" (Langer Stein) bekannt ist. Zahlreiche Parallelen in Hessen lassen jedoch auch den Schluss auf eine möglicherweise viel ältere Zeitstellung zu: Es könnte sich nämlich ursprünglich durchaus um einen sog. "Menhir" aus der Zeit der sog. Megalith-Kulturen der Jungsteinzeit handeln, was wiederum zu den zuvor erwähnten potentiellen Standorten für entsprechend alte Steinkammergräber (1-3) passen würde!

10 (auf der gesamten Fläche, deshalb ohne Karteneintrag). Schließlich muss erwähnt sein, dass im betreffenden Waldgebiet an vielen Stellen die sog. Laacher-See-Tephra (= Laacher Bimstuff) erhalten geblieben ist (s. o. Kapitel 2. Geologie). Die späteiszeitliche Oberfläche wurde dadurch konserviert, d.h. vor nacheiszeitlicher Abtragung und Bodenbildung bewahrt, so dass einzigartige Befunde vom Ende der Altsteinzeit erhalten geblieben sein könnten!

11 (auf der gesamten Fläche, deshalb ohne Karteneintrag). Hinzu kommt dass diese Vulkanasche in früheren Zeiten aus sog. "Sand-Kauten" entnommen wurde, um Material für Mörtelarbeiten zu gewinnen. Zusammen mit zahlreichen "Pingen", die kulturhistorische Zeugnisse von früheren Bergbautätigkeiten unterschiedlicher Zielsetzung darstellen, sind somit im betreffenden Waldgebiet eine ganze Reihe besonderer Bodendenkmäler erhalten, die nicht undokumentiert zerstört werden dürfen!

12 (Ergänzung Juli 2018): Bei Geländebegehungen im Juni 2018 wurden im W des Hauser Waldes Schlackenreste gefunden, die Hinweise auf vorgeschichtliche Eisenverhüttung (Rennofen) gegeben. Die genaue Lokalität wird hier jedoch nicht preis gegeben, um mögliche private "Nachforschungen" durch Sondengänger zu verhindern.

 

Fazit

Insgesamt wird deutlich, dass (ur)geschichtliche Spuren in der betreffenden Region bislang viel zu wenig Beachtung gefunden haben und leider auch schon viele prä- und kulturhistorische Zeugnisse undokumentiert zerstört wurden. Neben dringenden landschaftsökologischen Untersuchungen ist deshalb in jedem Fall auch eine umfassende denkmalfachliche Kartierung zu fordern!

 

Der Hauser Wald bei Waldbrunn-Hausen im Westerwald  - Quellen, Bäche, Feuchtbiotope  -  Archäologie, Geologie, Natur zw. Hessen und Rheinland-Pfalz

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05.03.2024